Inzwischen scheint es zu Online Casino und Sportwetten Rückforderungen keinerlei schlechte Schlagzeilen mehr zu geben - für die klagenden Kunden jedenfalls. Die Rechtsprechung könnte kaum besser sein, ein positives Urteil folgt dem nächsten, die Zahlungsmoral der Anbieter scheint zu stimmen und auch Prozessfinanzierungen sind möglich. Auch unsere Kanzlei erlebt tagtäglich, dass die Sache mit den Rückforderungen sehr gut funktioniert. Wir beenden täglich Verfahren und zahlen Geld an unsere Mandanten aus - bislang alles problem- und reibungslos. Was sollte einer Klage also im Wege stehen?
Leider ist nicht alles so rosarot wie es den Anschein hat. Die Rückforderung von Spielverlusten kann aus unterschiedlichen Gründen riskant oder gar nicht erst möglich sein. Diese Gründe können entweder beim Casino oder Buchmacher vorliegen oder aber am Kunden selbst. In problematischen Fällen raten wir Mandanten entsprechend von einem Vorgehen ab. Als gute Faustregel über das Mögliche bei den Rückforderungen kann auch gelten, was über die Prozessfinanzierung möglich ist und was nicht - wird ein Vorgehen gegen einen Anbieter nicht finanziert, kann man in der Regel von sehr hohen Risiken ausgehen.
Bei der Frage nach dem Möglichen ist auch wichtig zu verstehen, dass jeder Anbieter individuell zu betrachten ist, weil es sich immer um eigene Firmen, mit eigenen Strukturen und eigenen Strategien handelt. DAS Casino oder DEN Buchmacher gibt es nicht. Was bei dem einen gilt, muss nicht unbedingt beim anderen gelten. Allen gemeinsam ist, dass es sich um undurchsichtige Unternehmen handelt, welche juristisch oftmals schwer zu fassen sind.
Die aktuelle Rechtsprechung bei Online Casino und Sportwetten Rückforderungen könnte nicht besser sein und auch die juristischen Gründe sind eindeutig zugunsten der Kläger. Dennoch können Klagen vor Gericht scheitern. Das ist im Anbetracht einer Erfolgsquote von über 95% zwar nicht wahrscheinlich, aber durchaus möglich.
Eine Klage auf Rückerstattung kann aus Gründen abgewiesen werden, die im Bereich des Kunden liegen. Hier spielen Kenntnis und Auslandsaufenthalte die wohl wichtigste Rolle - hierzu lesen Sie unten mehr. Allerdings kann auch ein Gericht schlicht eine andere Rechtsauffassung vertreten. Richter sind in ihrer Entscheidung grundsätzlich frei und können Sachverhalte, auch aller obergerichtlichen Rechtsprechung und allen guten Argumenten zum Trotz, anders beurteilen. So kann es beispielsweise vorkommen, dass ein Gericht der Auffassung ist, dass das deutsche Glücksspielrecht gegen Europarecht verstößt, der Vertrag zwischen Kunde und Anbieter trotz Illegalität nicht unwirksam ist oder die Ansprüche verjährt sind. In den Verfahren unserer Kanzlei ist dies bislang nicht vorgekommen, allerdings wissen wir, dass diese Gründe an den Landgerichten schon zu Klageabweisungen geführt haben.
Eine Klage kann abgewiesen werden, weil sich das Gericht nicht wirklich in den Fall eingearbeitet hat. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig hervorzuheben, dass Gerichte seit Jahren massiv überlastet sind und eine hohe Qualität der Rechtsprechung nicht immer gewährleistet ist. Daher kann es gut passieren, dass sich ein Richter überhaupt gar nicht in einen konkreten Fall einarbeitet und eine Entscheidung "aus dem Bauch heraus" trifft. Auch wenn man von Gerichten erwartet, dass sie das Recht immer sauber und fehlerfrei anwenden, hat man es letztlich doch auch nur mit Menschen zu tun.
In der Regel orientieren sich Gerichte aber an den Entscheidung übergeordneter Instanzen. Wenn also ein Landgericht eine Entscheidung trifft, dann orientiert es sich in der Regel am Oberlandesgericht - das gilt für das "eigene" Oberlandesgericht, aber auch für die Oberlandesgerichte bundesweit. Und an den Oberlandesgerichten könnte die Rechtsprechung nicht besser sein: bislang (Stand: März 2024) hat es bei Online Casino Klagen noch kein einziges klageabweisendes Urteil gegeben.
Eine Klage kann abgewiesen werden, weil ein Gericht die Auffassung vertreten könnte, dass das deutsche Verbot von Online Glücksspiel europarechtswidrig war. Dies ist zwar in keinem einzigen uns bekannten Verfahren so vorgekommen, allerdings könnte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu einem anderen Ergebnis kommen.
Derzeit ist beim EuGH ein Verfahren zur Vorabentscheidung anhängig, in welchem die Vereinbarkeit der deutschen Glücksspielgesetze mit dem Europarecht überprüft wird. Hier geht es allerdings nur um Online Casinos, nicht um Sportwetten. Im Anbetracht der positiven Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), welche die deutschen Regeln als europarechtskonform eingestuft haben, dürfte eine anderslautende Entscheidung des EuGH eher unwahrscheinlich sein. Trotzdem ist es der EuGH, der in Europarechts-Fragen das letzte Wort hat. Entscheidet dieser also, dass der Glücksspielstaatsvertrag europarechtswidrig war, werden keine Rückforderungen mehr möglich sein. In unserem Artikel zum EuGH Verfahren können Sie mehr nachlesen.
Es gibt auch Risiken, welche sich nur auf spezielle Anbieter beziehen. Dazu zählen Probleme bei der Datenauskunft, die Zustellung der Klage, die Durchsetzung der Ansprüche und die Gefahr der Liquidation. Diese Risiken sind von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich stark ausgeprägt, sodass Klagen teilweise sehr, teilweise gar nicht erfolgsversprechend sind. Nur bei denjenigen Anbietern, wo diese Risiken überschaubar sind, ist eine Prozessfinanzierung möglich - und entsprechend raten wir nur in solchen Fällen auch zur Klage.
Es besteht das Risiko, dass ein Betreiber eine Datenauskunft nicht erteilt.
Bevor eine Rückforderung beginnen kann, muss der Kunde beim Anbieter eine Datenauskunft anfordern, aus welcher alle Ein- und Auszahlungen hervorgehen. Die Anbieter sind nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) dazu verpflichtet, den Kunden diese Daten zur Verfügung zu stellen. Für eine Rückforderung sind diese Daten auch unbedingt erforderlich - denn nur auf dieser Grundlage kann die Verlusthöhe und somit der Streitwert ermittelt werden. Viele Anbieter stellen diese Daten auch ordnungsgemäß zur Verfügung.
In den letzten Monaten (Stand: März 2024) sind aber immer mehr Anbieter dazu übergegangen, die Erteilung der Datenauskunft zu verweigern. Dabei berufen sie sich auf undurchsichtige und europarechtswidrige maltesische Gesetze. Zu diesen Fällen haben wir auch in einem YouTube Video Stellung genommen. Für Betroffene empfiehlt sich, in diesem Fall an den Datenschutzbeauftragten des jeweiligen Bundeslandes und an die Glücksspielbehörde GGL heranzutreten. Hierfür stellen wir kostenlose Textvorlagen zur Verfügung. Es ist auch möglich, die Anbieter über eine Auskunftsklage zur Erteilung der Datenauskunft zu zwingen.
Es besteht das Risiko, dass die Klage nicht zugestellt werden kann.
Um ein Verfahren nach der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) offiziell beginnen zu können, muss die Klage gegen den Betreiber zunächst ordnungsgemäß zugestellt werden. Man muss also sicherstellen, dass die Klage auch tatsächlich im Briefkasten landet und den Verantwortlichen zur Kenntnis kommt. Das mag trivial klingen, weil gerichtliche Zustellungen in Deutschland und in (weiten Teilen) der EU völlig unproblematisch sind. Die Casinos sind aber oft sehr undurchsichtige und teilweise unter der Legalitätsgrenze operierende Unternehmen und daher weiß man oft nicht mal genau, wer die Seite eines Casinos oder Buchmachers genau betreibt. Folglich sind Zustellungen an de facto unbekannte Unternehmen in Randgebiete des europäischen Rechts (Malta) oder in die Karibik (Curaçao) oft sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich. Und wenn eine Klage nicht zugestellt werden kann, kann das Verfahren auch nicht offiziell beginnen.
Es besteht das Risiko, dass man am Ende sein Geld nicht bekommt.
Weigert sich ein Schuldner in Deutschland gerichtlich festgestellte Ansprüche zu bezahlen, muss er fürchten, dass sein Konto oder sein Vermögen gepfändet wird. Weigert sich ein Casino oder Sportwetten Anbieter - also in der Regel eine undurchsichtige Briefkastenfirma - eine gerichtlich festgestellte Schuld nicht auszuzahlen, ist die Sache mit der Vollstreckung nicht so einfach.
Hier wurden durch ein cleveres System an nicht-pfändbaren Konten Vorkehrungen getroffen, welche es schwierig bis unmöglich machen im Zweifel an das Geld zu kommen. Weigert sich ein Betreiber nach einem Gerichtsurteil zu bezahlen, müsste das Urteil also in einem Vollstreckungsverfahren auf Malta, bzw. im jeweiligen Staat durchgesetzt werden. Ein solches Verfahren ist langwierig, kostenintensiv und der Ausgang ungewiss. Zudem schützen Staaten wie Malta, wo erst im Sommer 2023 ein entsprechendes Gesetz erlassen wurde, die Glücksspiel Anbieter vor Rückforderungen aus dem Ausland. Die dortigen Gerichte dürfen den Klägern derzeit also überhaupt nicht Recht geben. Aber auch wenn der EuGH das maltesische Gesetz dann irgendwann kippt, ist von maltesischen Gerichten nicht unbedingt ein rechtstreues Verhalten zu erwarten.
Viele Casinos, vor allem jene, welche ihre Zukunft auf dem deutschen Markt sehen, zahlen das geschuldete Geld aber bislang zuverlässig aus. Nicht zuletzt deswegen entscheiden sich die Prozessfinanzierer solche Klagen zu finanzieren. Trotzdem hängt das Problem der Vollstreckung auch über diesen Klagen.
Im Falle von einigen Casinos ist unsere Kanzlei beim Thema Vollstreckung in Deutschland bislang deutlich weiter, als dies noch vor ein paar Monaten der Fall war (Stand: März 2024). Das bedeutet, dass wir uns in Einzelfällen das Geld auch wirklich holen können. Allerdings handelt es sich dabei um Anbieter, welche ohnehin eine gute Zahlungsmoral haben.
Das Risiko der Zustellung der Klage und der Durchsetzung der Ansprüche sind auch die wesentlichsten Gründe, welches Online Casino und Sportwetten Rückforderungen gegen Casinos auf Curaçao derzeit sehr unsicher machen.
Es besteht das Risiko, dass ein Anbieter liquidiert wird.
Im Falle einer Liquidation geht das hinter einer Marke stehende Unternehmen in die Insolvenz, wird bzw. aufgelöst. Für den Kunden ist eine solche Liquidation in der Regel kaum erkennbar, denn im Vordergrund bleibt alles gleich (die Marke existiert also weiter fort). Im Hintergrund ist dagegen das Unternehmen, welches für das Angebot der Marke verantwortlich war, nicht mehr existent - und folglich ist niemand mehr, den man auf eine Rückzahlung verklagen könnte. Dass die handelnden Personen und das Kapital der neuen Firma die gleichen sind scheint unzweifelhaft. Allerdings müsste man dies in einem maltesischen Gerichtsverfahren auch nachweisen.
Bislang (Stand: März 2024) sind schon mehrere Betreibergesellschaften liquidiert worden. Darunter zählen unter anderem die Unternehmen, welche hinter den Marken Wunderino, Drückglück, Bet At Home und Leo Vegas standen. Ob und welche weiteren Anbieter folgen könnten, lässt sich natürlich nicht seriös vorhersagen.
Eine Liquidation erscheint wie ein eleganter Weg, allerdings ist dies aber nicht ohne Weiteres zu bewerkstelligen. Hierfür kommt es nämlich auch stark auf die gesellschaftsrechtlichen Strukturen des jeweiligen Anbieters an. Trotzdem hängt die Gefahr der Liquidation - teilweise abstrakt, teilweise konkreter - über allen Rückforderungen.
Eine Rückforderung kann auch ausgeschlossen sein, wenn seitens des Kunden bestimmte Kriterien erfüllt sind. Wenn solche Kriterien vorliegen, ist eine Prozessfinanzierung nicht möglich - und folglich raten wir auch von einem Vorgehen über eine Selbstzahlung ab.
Wenn Sie von der Illegalität des Casino oder Sportwetten Angebots Kenntnis hatten, also wussten, dass das Spielen und Wetten illegal ist, dann ist eine Rückforderung vollständig ausgeschlossen. Die Kenntnis war bislang der einzige Grund, weshalb Verfahren vor Gericht gescheitert sind und auf diesen Punkt kommt es bei der Rückforderung ganz entscheidend an. Haben Sie dagegen von der Illegalität erfahren, nachdem das Casino oder der Buchmacher bereits lizensiert war, ist eine Klage natürlich trotzdem möglich. Mehr zur Kenntnis lesen Sie auch in den juristischen Hintergründen.
Voraussetzung für eine Rückforderung ist, dass ein Kläger seinen gemeldeten Wohnsitz in Deutschland hat und nicht aus dem Ausland gespielt hat. Hier ist es auch gleichgültig, ob Sie deutscher Staatsbürger sind oder nicht. Kurzfristige Auslandsaufenthalte wie Urlaube sind kein Problem. Ist allerdings ein Großteil der Verluste aus dem Ausland entstanden, ist eine Rückforderung in Deutschland nicht möglich. Haben Sie ihren Wohnort in Österreich oder der Schweiz empfehlen wir Ihnen, dass Sie sich im Internet informieren oder bei Rechtsanwälten vor Ort beraten lassen.
In Schleswig-Holstein galt eine Sonderregelung des Glücksspielstaatsvertrages, entsprechend sind Verluste, welche auf dem Territorium Schleswig-Holsteins entstanden sind, nicht rückholbar.
Im Falle einer Privatinsolvenz hängt es von der Zustimmung des Insolvenzverwalters ab, ob ein Verfahren gestartet werden kann oder nicht. Hier müsste man auch eine gesonderte Erlaubnis vom Prozessfinanzierer einholen.
Liegt Ihr Verlust bei unter 5.000€ pro Casino oder Wettanbieter, lohnt sich ein Vorgehen für Sie nicht. In diesem Fall würden die Kosten den Nutzen übersteigen. Darüber hinaus finanzieren Prozessfinanzierer keine Verfahren unter 5.000€.
In zahlreicher Hinsicht stehen die Chancen gut, dass Klagen bald gegen noch mehr Casinos und Wettanbieter möglich sein werden - es gibt daher auch bei den jetzigen Problemfällen Grund zur Hoffnung, zumal hier auch erste "Test-Klagen" erfolgreich waren. Ob in Ihrem Fall eine Klage derzeit erfolgsversprechend ist oder nicht, können wir gerne im Rahmen unserer kostenlosen Erstberatung besprechen.
ts