Für Daimler reißen die schlechten Nachrichten im Diesel-Skandal nicht ab.Nach Bekanntwerden der Musterfeststellungsklage, ist nun auch öffentlich geworden, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen den illegalen Abgasmanipulationen beim zuständigen Amtsgericht in Böblingen Strafbefehl gegen drei Daimler Mitarbeiter beantragt hat. Dies haben die Staatsanwaltschaft und der Konzern gegenüber der WirtschaftsWoche bestätigt.
Mitarbeiter des Betrugs bezichtigt
Konkret handelt es sich um einen leitenden Mitarbeiter aus einer Führungsebene und zwei Mitarbeiter ohne Personalverantwortung. Den Dreien wird Betrug zur Last gelegt. Im schlimmsten Fall droht ihnen eine Freiheitsstrafe auf Bewährung. Gegenüber der WirtschaftsWoche äußerte sich die Staatsanwaltschaft wie folgt: „[Den Mitarbeitern] wird zur Last gelegt, dafür verantwortlich gewesen zu sein, dass die Motorsteuerungssoftware eines Teils der von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts betroffenen Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 6, die die Daimler AG im Zeitraum August 2011 bis einschließlich Dezember 2016 auf den europäischen Markt brachte, eine unzulässige Abschalteinrichtung enthielt“.
Daimler in der Zwickmühle
In einem Strafbefehlsverfahren kann ein Gericht ohne Hauptverhandlung über einen Sachverhalt entscheiden. Dabei muss die Schuld eines Beschuldigten nicht feststehen, sondern lediglich ausreichend wahrscheinlich sein. Das bringt Daimler in die Bredouille: reichen die Angeklagten keinen Einspruch ein und akzeptieren die Strafe, so besteht auch offiziell kein Zweifel mehr daran, dass im Daimler-Konzern vorsätzlich die Abgaswerte der Fahrzeuge manipuliert wurden. In diesem Fall kann sich auch das Management nicht mehr aus der Verantwortung ziehen. Wird doch Anspruch eingelegt, kommt es zur Hauptverhandlung und Daimler muss die Vorwürfe entkräften. Bislang hat sich der Konzern aber sehr intensiv – und auch erfolgreich – darum bemüht, die Darlegung der internen Vorgänge zu vermeiden, wohlwissend, dass eine Offenlegung der Fakten den Vorwurf der flächendeckenden illegalen Abgasmanipulation nur bestätigen würde.
Abgasmanipulationen kein Versehen
Daimler teilte auf Nachfrage mit, dass „die Auslegung der höchstkomplexen Vorschriften durch die Mitarbeiter zum maßgeblichen Zeitpunkt vertretbar gewesen“ sei. Diese Darstellung offenbart die gesamte Hilflosigkeit des Autobauers. Es entbehrt jeglicher Grundlage, dass in einem Konzern dieser Größe Manipulationen in diesem Ausmaße lediglich von einer Handvoll Mitarbeiter ohne festen Vorsatz und das Wissen des Managements getätigt wurden. Darüber hinaus steht Daimler mit seiner Auffassung, wonach „es sich bei dem in Frage stehendenSachverhalt [nicht] um Betrug gehandelt habe“, ziemlich alleine da: die Staatsanwaltschaft Stuttgart, das Kraftfahrt-Bundesamt, die US-Umweltbehörde und das US-Justizministerium sehen in den Abgasmanipulationen eindeutig einen Fall von Betrug. Dem Konzern stünde es natürlich frei diese Vorwürfe ein für alle Mal zu entkräften – mangels Rückendeckung durch Tatsachen, bleibt Daimler allerdings nicht viel anderes übrig, als sich hinter hilflosen Schutzbehauptungen zu verschanzen.
Weitere Beschuldigte im Visier
Unabhängig davon dauern die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen vier weitere Beschuldigte an und es ist davon auszugehen, dass die nächsten Wochen und Monate neue Erkenntnisse zu den Manipulationen bei Daimler ans Licht bringen werden – und den Konzern noch tiefer in den Sog des Diesel-Skandals stürzen. Betroffenen Kunden, welche einen Diesel von Daimler fahren, wird daher geraten, sich rechtlich zu ihren Möglichkeiten beraten lassen.
ts